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31. März 2021

Der gesetzliche Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit

Frau Rechtsanwältin Sonia Uricher

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte den Fall zu entscheiden, ob ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht, wenn der Beschäftigte im direkten Anschluss an eine sechswöchige Arbeitsunfähigkeit eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt. (Urt. v. 11.12.2019, Az. 5 AZR 505/18).

Die Richter des höchsten Deutschen Arbeitsgerichts machten klar, dass eine weitere Lohnfortzahlung nur dann möglich sei, wenn die ursprüngliche Arbeitsunfähigkeit zu Beginn der neuen bereits beendet war.

In dem zu entscheidenden Fall war eine Altenpflegerin im Jahr 2017 zunächst über drei Monate wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig. Am letzten Tag dieses Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit stellte ihr eine andere Ärztin wegen einer, seit längerem für den nächsten Tag geplanten Operation eine neue Krankschreibung aus. Dies hatte aber zur Folge, dass die Arbeitnehmerin zwischen den beiden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nicht arbeitsfähig war, die Höchstdauer der Lohnfortzahlung betrug daher sechs Wochen. Mit der Entscheidung gaben die Erfurter Richter dem Arbeitgeber Recht, der bei der zweiten Krankschreibung keine Gehaltsfortzahlung geleistet hatte. Eine dazwischen liegende Arbeitsfähigkeit hätte die Arbeitnehmerin beweisen müssen.

Aus Sicht der Richter hatte die Klägerin aber keinen Nachweis erbracht, dass die erste Arbeitsunfähigkeit bereits vor Beginn der neuen endete, indem sie z.B. ihre Arbeitskraft wieder angeboten hat.

Ein neuer Anspruch auf Lohnfortzahlung von weiteren sechs Wochen entsteht also nur dann, wenn die erste Arbeitsunfähigkeit bereits beendet war, bevor die zweite Arbeitsunfähigkeit begann. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer zwischen zwei Krankheiten gearbeitet haben muss oder zumindest arbeitsfähig war. Ob dies der Fall war, hat der Arbeitnehmer zu beweisen.

Grundvoraussetzung der Lohnfortzahlung ist, dass Arbeitsunfähigkeit gegeben ist, daneben muss der Arbeitnehmer aber auch seiner Meldepflicht nachkommen, der Arbeitgeber muss unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit informiert werden. Oft stellt sich hierbei die Frage, wie schnell Beschäftigte sich krankmelden müssen. Die Antwort lautet: so schnell wie möglich, am besten also noch vor dem eigentlichen Arbeitsbeginn.

Wie diese Meldung zu erfolgen hat, wird von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich gehandhabt, hier muss der Arbeitnehmer sich im Zweifelsfall erkundigen. Hat er eine Handynummer seines Vorgesetzten, ist eine Nachricht per SMS oder WhatsApp in einem jungen Startup vermutlich ausreichend, zumal wenn diese Art der Kommunikation üblich ist, oft ist der persönliche Anruf bei einem Verantwortlichen der Personalabteilung oder beim direkten Vorgesetzten aber der sicherere Weg. Nicht ausreichend ist es, eine Kollegin zu informieren, in der Hoffnung, dass diese die Information gewissenhaft und rechtzeitig weiterleiten wird.

Zusätzlich muss, damit überhaupt eine Lohnfortzahlung erfolgen kann, eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden. Im Arbeitsvertrag ist meist festgelegt, bis wann ein Attest im Unternehmen vorliegen muss. In der Regel muss das Attest, im Volksmund auch als ⤞gelber Schein⤜ bezeichnet, am dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorgelegt werden. Der Arbeitgeber kann diese Bescheinigung aber auch schon ab dem ersten Tag verlangen, wenn dies im Arbeitsvertrag oder in einer entsprechenden Betriebsvereinbarung so geregelt ist. Auch hat der Arbeitgeber das Recht, sollte ein bestimmter Arbeitnehmer mehrfach für weniger als drei Tage erkrankt sein, ein solches für zukünftige Zeiten von Arbeitsunfähigkeit von diesem bereits am ersten Arbeitstag einzufordern.

Verstößt ein Beschäftigter gegen geltende Klauseln, kann dies eine Abmahnung und im Wiederholungsfall auch eine Kündigung rechtfertigen, es handelt sich hierbei nämlich um eine arbeitsvertragliche Pflicht und nicht bloß um eine Obliegenheit im eigenen Interesse. Wird keine Bescheinigung vorgelegt, entfällt ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Zu beachten ist hier, dass ab Oktober 2021 die vom Arzt ausgestellte Krankmeldung auf Papier durch eine digitale Bescheinigung ersetzt werden wird. Für eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2022 müssen Ärzte die Daten dann elektronisch an die Krankenkasse zur Verfügung, müssen innerhalb dieser Frist aber zusätzlich weiter Papier-Bescheinigungen für den Versicherten und den Arbeitgeber ausstellen. Der Versicherte muss den Durchschlag dann wie bisher selbst an seinen Arbeitgeber weiterreichen. Ab dem 1. Juli 2022 stellen die Kassen die ihnen von den Vertragsärzten elektronisch übermittelten Meldungen über die Arbeitsunfähigkeit dann den Arbeitgebern nur noch digital zur Verfügung. Die Verpflichtung, dem Versicherten eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit auszuhändigen, bleibt für die Ärzte jedoch bestehen.

Weiter ergeben sich auch hier Besonderheiten durch die Coronakrise:

Nochmals verlängert bis 30. Juni 2021 besteht eine vereinfachte Möglichkeit ohne Arztbesuch nach einem telefonischen Gespräch eine Krankschreibung zu erhalten um eine mögliche Ansteckung von anderen Patienten im Wartezimmer des Arztes, des Medizinischen Personals einer Praxis oder des Arztes selbst zu vermeiden. Bei Erkältungen können Hausärzte fernmündlich Krankschreibungen für bis zu sieben Tage ausstellen. Entsprechend haben die Arbeitnehmer bis zu sieben Tage Zeit, um diese Bescheinigungen an den Arbeitgeber weiterzuleiten. Daneben ist auch eine einmalige Verlängerung der Krankschreibung um weitere sieben Tage auf telefonischem Wege möglich.

Liegt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, besteht ein Anspruch auf Lohnfortzahlung für sechs Wochen oder 42 Arbeitstage. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wird ausschließlich für die Tage geleistet, an denen ohne Erkrankung gearbeitet worden wäre. Ist für einen oder mehrere Tage eine rechtmäßige Arbeitszeitverlegung angesetzt, etwa durch Kurzarbeit oder Betriebsstilllegung, entfällt für diesen Zeitraum die Entgeltfortzahlung, auch dies ist in Corona-Zeiten nicht unbeachtlich.

Ist der Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt wegen derselben Erkrankung erneut arbeitsunfähig, besteht kein erneuter Anspruch auf Lohnfortzahlung für den neuen Krankheitszeitraum.

Unmittelbar aufeinander folgende Erkrankungen eines Arbeitnehmers haben nicht automatisch zur Folge, dass jedes Mal ein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung für jeweils sechs Wochen gegeben ist. Maßgeblich ist, wann die erste Erkrankung geendet hat. Überschneiden sich die Erkrankungen, so ist der Anspruch auf Lohnfortzahlung insgesamt auf die Dauer von sechs Wochen seit Beginn der ersten Erkrankung beschränkt. Dies gilt selbst dann, wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von unterschiedlichen Fachärzten stammen.

Grundlage der Berechnung der Höhe der Lohnfortzahlung ist im Übrigen das zurückliegende Bruttogehalt des Mitarbeiters, wobei hier gewisse Besonderheiten des Beschäftigungsverhältnisses zu berücksichtigen sind und nicht alle vermeintlichen Lohnbestandteile in Ansatz gebracht werden müssen, auch hierzu gibt es eine entsprechende Fülle von Einzelfallentscheidungen.
Von Rechtsanwältin Sonia Uricher

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