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Blog

19. März 2025

Patchwork-Familien im Erbrecht

Jonas Uricher

Patchwork-Familien stellen eine besondere Herausforderung im Erbrecht dar, da die bestehenden gesetzlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf die traditionelle Ehe mit ausschließlich gemeinsamen Kindern ausgerichtet sind. Die Zunahme von Scheidungen, Wiederverheiratungen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften führt dazu, dass immer mehr Kinder in Patchwork-Familien aufwachsen.

Patchwork-Familien-im-Erbrecht

In Patchwork-Familien haben leibliche Kinder und Stiefkinder erbrechtlich eine unterschiedliche Stellung. Stiefkinder sind von der gesetzlichen Erbfolge nach dem Stiefelternteil ausgeschlossen, es sei denn, sie wurden adoptiert. Selbst bei enger familiärer Bindung zwischen dem Stiefelternteil und dem Stiefkind besteht kein gesetzliches Erbrecht. Ohne testamentarische Regelung fällt der Nachlass eines Stiefelternteils an dessen leibliche Verwandte.

Erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten in Patchwork-Familien hängen stark von den Zielvorstellungen der Familie ab. Durch testamentarische Regelungen lassen sich diese abbilden.

Soll der jeweils andere überlebende Partner abgesichert werden, ist vorab zu klären, was die Eheleute/der Partner konkret unter (finanzieller) Absicherung verstehen. Diese Klärung bildet die Grundlage für eine maßgeschneiderte Gestaltung. Es gilt dabei zu unterscheiden, ob die Absicherung durch die Übertragung von Vermögenssubstanz oder durch einen kontinuierlichen Liquiditätszufluss erfolgen soll. Dabei sind auch die erbschaftsteuerlichen Besonderheiten zu berücksichtigen.

Durch die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft kann der Erblasser den Vermögensfluss gezielt steuern. So werden der Ehegatte und Stiefelternteil der eigenen Kinder zunächst „Erbe auf Zeit“ (Vorerbe) und die eigenen Kinder zu Nacherben. Damit kann der überlebende Ehegatte finanziell abgesichert und gleichzeitig sichergestellt werden, dass das eigene Vermögen am Ende bei den eigenen Kindern und nicht etwa bei den Stiefkindern landet. Anstelle einer Vor- und Nacherbschaft kann auch eine Kombination aus Erbeinsetzungen und Vermächtnissen gewählt werden. In diesem Fall erben die Kinder direkt, während der überlebende Ehepartner durch Vermächtnisse (z.B. durch Zuwendung eines Nießbrauchs oder eines Wohnungsrechts an dem von den Ehegatten bewohnten Familienheim) abgesichert wird und der Ehegatte gleichzeitig zum Testamentsvollstrecker bestimmt wird.

Sollen alle Kinder der Patchwork-Familie gleichbehandelt werden, führt die gesetzliche Erbfolge ebenfalls zu unerwünschten Ergebnissen. Wenn (Ehe-)Partner alle Kinder gleich behandeln möchten, können sie sich im Testament gegenseitig als unbeschränkte Alleinerben einsetzen und die Kinder als Schlusserben bestimmen. Dabei ist zu beachten, dass die leiblichen Kinder beim ersten Erbfall einen Pflichtteilsanspruch haben. Um das Risiko einer Pflichtteilsforderung der leiblichen Kinder gegenüber dem längerlebenden (Ehe-)Partner zu verringern, können testamentarische Pflichtteilsstrafklauseln oder Vermächtnisse (diese bieten sich bei größerem Vermögen auch schon aus Gründen der Optimierung der Erbschaftsteuer an) zugunsten der pflichtteilsberechtigten Kinder vorgesehen werden.

Oftmals ist auch gewünscht, den anderen leiblichen Elternteil aus einer früheren Beziehung von jeglicher Teilhabe am Nachlass auszuschließen. Zwar endet mit der Scheidung das gesetzliche Erbrecht zwischen Ehegatten, doch über ein gemeinsames Kind kann der frühere Partner indirekt am Nachlass partizipieren, insbesondere wenn das Kind ohne eigene Nachkommen verstirbt. Um dies zu verhindern, gibt es verschiedene Gestaltungsvarianten. Darüber hinaus verhindern der Ausschluss der Vermögenssorge und die Anordnung einer Testamentsvollstreckung zudem, dass der frühere Partner über das ererbte Vermögen eines minderjährigen Kindes verfügen kann. Ohne eine entsprechende Regelung des Ausschlusses der Vermögenssorge würde der geschiedene Ehepartner als gesetzlicher Vertreter des Kindes dessen geerbtes Vermögen verwalten.

Patchwork-Familien erfordern somit eine individuell abgestimmte erbrechtliche Planung, da die gesetzliche Erbfolge meist nicht den gewünschten Ergebnissen entspricht und erhebliche steuerliche sowie familiäre Konsequenzen mit sich bringen kann.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei den obenstehenden Ausführungen nur um einen Überblick handelt. Für die Erstellung einer individuellen Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) müssen die einzelnen Regelungen an die konkrete Situation angepasst werden. Gerne stehen wir Ihnen bei Fragen zur Gestaltung von Testamenten in Patchwork-Konstellationen zur Verfügung.

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