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So kassiert das Finanzamt nicht die Lebensversicherung
Die Bundesbürger lieben
Lebensversicherungen. Rund 87,1 Millionen solcher Policen befinden sich
aktuell in den deutschen Haushalten - Pensionskassen und Pensionsfonds sowie
Altersvorsorgeverträge, Risiko- und Zusatzversicherungen eingeschlossen.
Sehr beliebt ist dabei auch die Möglichkeit, Hinterbliebene im Todesfall
finanziell abzusichern. Und im Grunde genommen ist eine solche Absicherung
sinnvoll.
Etwa, wenn ein fürsorgender Familienvater eine Risikolebensversicherung über
300.000 Euro abschließt, damit Frau und Kinder im Ernstfall finanziell
abgesichert sind. Stirbt der Ehemann, erhält die Ehefrau als
Bezugsberechtigte die Versicherungssumme. Was vielen dabei nicht bewusst
ist: In diesem Fall wird auf die Versicherungssumme Erbschaftsteuer fällig -
sofern die Freibeträge überschritten werden.
"Oftmals haben sich Mandanten nach unserer Erfahrung hierzu noch gar keine näheren Gedanken gemacht",
bestätigt Martin Feick, Rechtsanwalt der Schilling, Zutt & Anschütz
Rechtsanwaltsgesellschaft in Mannheim. Die Freibeträge für Ehepaare scheinen
auf den ersten Blick zwar recht üppig. Doch wenn einzelne Vermögenswerte wie
Immobilie, Schmuck, Geldanlagen sowie eine ansehnliche Auszahlung aus der
Risikolebensversicherung zusammenkommen, können diese auch mal überschritten
werden.
Unverheiratete Paare
Das ist de facto bei unverheirateten Paaren immer der Fall. Denn sie
verfügen im Erbrecht über einen Freibetrag von gerade einmal 20.000 Euro. So
wird mitunter ein stattlicher Obolus an das Finanzamt fällig. Geld, das
eigentlich in erster Linie für die Absicherung der Hinterbliebenen gedacht
war. Doch mit einigen wenigen Kniffen lässt sich die Erbschaftsteuer bei
Lebensversicherungen umgehen. Und zwar nicht nur im Falle von neuen
Verträgen, sondern auch bei solchen, die vor Jahren abgeschlossen
wurden.
Um Hinterbliebene im Fall eines Todes abzusichern, raten Verbraucherschützer
zum Abschluss einer Risikolebensversicherung. Diese zahlt im Todesfall eine
bei Vertragsabschluss vereinbarte Versicherungssumme.
"Eine Risikolebensversicherung sollten vor allem Familien abschließen", sagt
Bianca Boss vom Bund der Versicherten. So können Familien auch noch ihren
finanziellen Verpflichtungen nachkommen, falls ein Einkommen wegfallen
sollte.
Mitunter wird die Absicherung auch von Kreditinstituten verlangt, wenn eine
Familie einen Kredit abschließt, um sich den Traum vom Eigenheim zu
erfüllen. Allerdings verfügt ein vergleichsweise geringer Anteil der
Haushalte über eine entsprechende Versicherung. Aus einer Sonderauswertung
der Einkommens- und Verbraucherstichprobe des Statistischen Bundesamtes
durch den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft geht hervor,
dass im Jahr 2018 lediglich 17 Prozent der Haushalte eine entsprechende
Police besaßen. Allerdings haben auch nicht alle Haushalte Hinterbliebene
abzusichern.
Eintrag als Versicherungsnehmer
Vor dem Abschluss lohnt es sich nicht nur, Konditionen und Preise zu
vergleichen. Vielmehr gilt es auch, dabei eine mögliche Erbschaftsteuer im
Blick zu haben. Schließlich soll die Versicherungssumme ja idealerweise in
voller Höhe den Hinterbliebenen zugutekommen. Das ist mit einer besonderen
Vertragsgestaltung möglich. Nämlich dann, wenn die Person, die das Geld
erhalten soll, als Versicherungsnehmer eingetragen ist.
Rechtsanwalt Elmar Uricher von der Rechtsanwaltskanzlei Uricher in Konstanz
verdeutlicht das an einem Beispiel: Herr Müller schließt eine
Risikolebensversicherung über eine Summe von 500.000 Euro ab. Begünstigte im
Fall seines Todes ist seine Ehefrau. Sie erhält im Ernstfall 500.000 Euro
von der Versicherung. Mit dem anderen Vermögen, das ihr Mann ihr
hinterlässt, beläuft sich das Erbe auf eine Million Euro. Da dieses die
Freibeträge für Erben von 500.000 Euro sowie den Versorgungsfreibetrag von
25.6000 Euro übersteigt, wird Erbschaftsteuer fällig. Hätten die Müllers
eine andere Vertragsgestaltung gewählt, wäre das Finanzamt leer ausgegangen.
Nämlich dann, wenn Frau Müller die Risikolebensversicherung abgeschlossen,
die Prämien bezahlt und als versicherte Person ihren Mann in der Police
eingetragen hätte. In diesem Fall hätte Frau Müller beim Tod ihres Mannes
eine Auszahlung in Höhe von 500.000 Euro aus ihrer eigenen Versicherung
erhalten. Eine Erbschaftsteuer wäre dann nicht fällig.
Über-Kreuz-Lebensversicherung
"Die Versicherung sollte immer von demjenigen abgeschlossen werden, der im Ernstfall die Auszahlung erhalten soll",
sagt Feick. Denn sofern der Bezugsberechtigte einer Lebensversicherung auch
gleichzeitig der Versicherungsnehmer ist, der die Police abgeschlossen und
Prämien eingezahlt hat, fällt keine Erbschaftsteuer an. Experten empfehlen -
je nach persönlicher Situation - eine Über-Kreuz-Lebensversicherung.
In diesem Fall schließen sowohl der Mann als auch die Frau eine
Risikolebensversicherung ab. In unserem Beispiel besitzen also Herr und Frau
Müller eine Police als Versicherungsnehmer. DieVersicherungssumme erhält er,
wenn seine Frau stirbt. Und umgekehrt sie, wenn er stirbt. Erbschaftsteuer
wird nicht fällig.
"Meines Erachtens sind Risikolebensversicherungen ,über Kreuz'zur Absicherung des finanziellen Risikos bei gleichzeitiger Erbschaftsteueroptimierung imTodesfall sehr zu empfehlen",
sagt Rechtsanwalt Feick.
Versicherte Person muss zustimmen
Allerdings muss bei der Über-Kreuz-Versicherung die versicherte Person
zustimmen. Sie ist es auch, die dann die Gesundheitsfragen beantworten und
gegebenenfalls eine Gesundheitsprüfung über sich ergehen lassen muss.
Angeboten werden von Versicherungsgesellschaften auch sogenannte verbundene
Risikolebensversicherungen. In diesem Fall sind sowohl Mann als auch Frau
als Versicherungsnehmer und als versicherte Personen in einer Police
eingetragen. Im Falle einer verbundenen Risikolebensversicherung wird die
Versicherungssumme ausgezahlt, sobald einer der Partner stirbt.
"Der überlebende Ehegatte erhält dann die Versicherungssumme bei Eintritt des Versicherungsfalls zur Hälfte als Versicherungsnehmer als eigenes Vermögen und zur anderen Hälfte als Bezugsberechtigter ausgezahlt",
sagt Rechtsanwalt Feick. Somit muss er dann auch nur auf die Hälfte der
Auszahlung Erbschaftsteuer zahlen - nämlich auf den Teil, den er als
Bezugsberechtigter erhält. "Wir raten von solchen Konstruktionen ab", sagt
Versicherungsexpertin Boss. Sinnvoller sei, dass jeder eine eigene Police
abschließt.
Insbesondere nicht verheiratete Paare sollten darauf achten, dass derjenige,
der später das Geld erhalten soll, als Versicherungsnehmer in der Police
eingetragen ist. Denn Unverheiratete verfügen im Erbrecht über einen
Freibetrag von gerade einmal 20.000 Euro. Auch sind die Steuersätze auf das
dann zu versteuernde Erbe deutlich höher als für verheiratete Paare. Das
verdeutlicht das folgende Beispiel: Martin hat eine Risikolebensversicherung
abgeschlossen. Begünstigte ist seine Freundin Sabine. Diese erhält nach dem
Tod von Martin 300.000 Euro von der Versicherung.
Gehen wir der Einfachheit halber davon aus, dass es sonst nichts zu erben
gibt. Nach Abzug des Freibetrags muss sie 280.000 Euro versteuern. Unterm
Strich verbleiben ihr 216.000 Euro. 84.000 Euro erhält das Finanzamt.
"Daher sollten diese Paare unbedingt einen Blick in ihren Versicherungsordner werfen",
rät Michael Henn, stellvertretender Präsident der Deutschen Anwalts-, Notar-
und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht. Denn auch wenn die
Police vor Jahren abgeschlossen wurde, lässt sich der Versicherungsnehmer in
der Regel auch im Nachhinein noch ohne Schwierigkeiten ändern. Wäre Sabine
in unserem Beispiel als Versicherungsnehmer in der Police eingetragen
gewesen, hätte sie das Finanzamt mit keinem Cent an den 300.000 Euro
beteiligen müssen.
Versicherung prüfen
Ohnehin rät Rechtsanwalt Henn, tatsächlich einmal einen Blick in den
Versicherungsordner zu werfen und zu prüfen, wer denn als Bezugsberechtigter
im Todesfall eingetragen ist. Häufig wird die Versicherung abschlossen und
verstaubt dann in irgendwelchen Ordnern im Regal. Und daher würden nicht
immer diejenigen mit der Versicherungssumme bedacht, die sie eigentlich
erhalten sollen, berichtet Henn.
Denn wer glaubt, es reicht einfach einzutragen, dass der Ehepartner im
Todesfall die Summe erhält, irrt gewaltig. Zumindest dann, wenn es nicht bei
dem einen Ehepartner bleibt.
"Begünstigt ist in der Regel der Ehepartner, mit dem der Verstorbene bei Vertragsabschluss verheiratet war",
sagt Henn. Im Klartext bedeutet dies, dass die aktuelle Ehefrau oder der
aktuelle Ehemann leer ausgeht und der ehemalige Partner die Summe erhält.
Eine Regelung, die inzwischen etwa auch von den Richtern des
Bundesgerichtshofs bestätigt wurde (BGH IV ZR 437/14).
Vertrag zugunsten Dritter
Ist in der Versicherung im Übrigen kein Bezugsberechtigter genannt, fließt
die Versicherungssumme in die Erbmasse, die dann gemäß Testament oder
gesetzlicher Erbfolge verteilt wird. Und wenn die Eltern die
Versicherungsprämien für ihren Sprössling zahlen - wird eigentlich
Schenkungsteuer fällig.
"In diesem Fall nicht auf die Versicherungssumme, sondern auf die überwiesenen Versicherungsprämien",
sagt Rechtsanwalt Uricher.
Eine Lebensversicherung ist auch eine Möglichkeit, jemandem Vermögen
außerhalb des Nachlasses zukommen zu lassen und auf diesem Weg
Pflichtteilsansprüche zu reduzieren.
"Entscheidend ist, dass beim Abschluss der Versicherung der Lebensversicherungsgesellschaft ein Bezugsberechtigter genannt wird",
sagt Uricher. Stirbt derjenige, der die Lebensversicherung abgeschlossen
hat, fällt die Auszahlung nicht in den Nachlass. Wichtig ist, dass ein
echter Vertrag zugunsten Dritter abgeschlossen wird.
"Das Vermögen kann somit auch nicht für die Ermittlung des Pflichtteils herangezogen werden",
sagt Uricher.