URICHER Rechtsanwälte Konstanz - Blog

Nicht ohne Mama und Papa
Blog vom 20.06.2020

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Vielen jungen Familien fehlt angesichts der hohen Preise das Eigenkapital, um eine Immobilie zukaufen. Unterstützung erhalten Sohn oder Tochter oft von den Eltern. Doch ohne einen Vertragkann es schnell zu Streit kommen.

Von Barbara Brandstetter

Die Corona-Krise scheint den Immobilienpreisen bislang noch wenig anhaben zu können. DiePreise befinden sich vielerorts auf dem Niveau vor der Krise - also einem Niveau, das es vielenjüngeren Paaren und Familien ohne ausreichendes Eigenkapital erschwert, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen.

Zumindest dann, wenn die eigenen vier Wände in der Stadt liegen sollen und sich die Hausbesitzerin spe beim Platz nicht einschränken wollen. Zwar sind die Zinsen niedrig. Allerdings sind die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. Laut Statistischem Bundesamtmussten im ersten Quartal 2020 für eine Immobilie 17,2 Prozent mehr gezahlt werden als noch 2015. Und mit den Preisen steigen auch die Erwerbsnebenkosten.

Denn neben den Kosten für das neue Heim werden auch Ausgaben für den Notar, dieGrunderwerbsteuer und gegebenenfalls eine Courtage für den Makler fällig. Häufig fehlt daher dasnotwendige Eigenkapital. "Gerade für junge Haushalte stellt das Eigenkapital den größtenHemmschuh hinsichtlich der Wohnungseigentumsbildung dar", bestätigt Pekka Sagner,Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik beim Institut der deutschen WirtschaftKöln (IW). Das Institut hat 2019 die sozioökonomischen Determinanten derWohneigentumsbildung in Deutschland untersucht. Dabei stellten die Autoren auch fest, dass die Vermögenssituation der Eltern relevanter wird. Ein Umstand, der sich mit der Corona-Krise nochverschärfen könnte. "Denkbar ist vor dem Hintergrund der momentan unsichererenArbeitsmarktlage sogar, dass finanzielle Unterstützung von Seiten der Eltern, sei es in Form einesEigenkapitalzuschusses oder als laufende Unterstützung bei der Finanzierung, noch wichtiger fürden Immobilienerwerb wird", sagt Sagner.

Damit der Traum vom Eigenheim nicht platzt, werden also auch künftig viele Eltern oderGroßeltern dem Nachwuchs finanziell unter die Arme greifen. Warum warten, bis der Nachwuchsnach dem Tod ohnehin das Geld erbt, wenn er es doch gerade jetzt so dringend gebrauchen kann? Schließlich kann jeder Elternteil seinem Kind alle zehn Jahre bis zu 400 000 Euro steuerfreischenken. Bei Großeltern liegt die Grenze bei 200 000 Euro. Was gut gemeint ist, kann allerdings schnell zu einem heftigen Familienzwist führen - oder gar unnötig teuer werden, sollte das Finanzamt sich einmischen. Denn in vielen Fällen überweisen Eltern das Geld allzu sorglos auf das Konto von Sohn oder Tochter oder aber gar das Gemeinschaftskonto und verzichten auf eineschriftliche Vereinbarung. Das geht in der Regel so lange gut, wie sich das Finanzamt nichteinmischt, das Verhältnis zwischen Eltern und Kind entspannt bleibt, die Ehe von Sohn oderTochter hält, das Kind die Eltern überlebt und die Eltern keine weiteren Kinder haben.

Schenkungsvertrag ist sinnvoll

Das ist nun schon eine ganze Reihe an Bedingungen. Martin Feick von der Kanzlei SZA Schilling,Zutt & Anschütz Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Mannheim rät daher: "In allen Fällen ist einschriftlicher Schenkungsvertrag sinnvoll, um späteren Streit über den Inhalt der Vereinbarung zuvermeiden." Beginnen wir mit dem Finanzamt. Landet ohne schriftliche Vereinbarung ein hoher Betrag mit dem Betreff "Schenkung" auf dem Gemeinschaftskonto des jungen Paares, kann dasFinanzamt unter Umständen eine für die Parteien ungünstige Auffassung vertreten - nämlich dass die eine Hälfte des Betrags dem Kind und die andere Hälfte dem Schwiegerkind zukommen soll."In diesem Fall wird dann schnell Erbschaftsteuer fällig", sagt Elmar Uricher von UricherRechtsanwälte in Konstanz. Denn für Schwiegersohn oder -tochter liegt der Freibetrag bei geradeeinmal 20 000 Euro. Darüber hinausgehende Beträge werden mit Steuersätzen zwischen 15 und 43 Prozent versteuert.

Doch nicht nur wegen des Finanzamts lohnt es sich, mit der Überweisung einenSchenkungsvertrag aufzusetzen. Denn wenn sich die Dinge anders entwickeln als gedacht, habenes die Eltern schwer, wieder an ihr Geld zu kommen. Geschenkt ist schließlich geschenkt. "Eingesetzliches Rückforderungsrecht gibt es nur unter sehr engen Voraussetzungen nur in den Fällendes groben Undanks und der Verarmung des Schenkers", sagt Thomas Littig, Fachanwalt fürErbrecht bei der Anwaltskanzlei Thomas Littig in Würzburg.

Selbst wenn das Kind wenige Jahre nach der Überweisung stirbt, erhalten die Eltern dasgeschenkte Geld nicht zurück. Erben wird dann neben anderen Personen das Schwiegerkind - wasallerdings nicht immer den Wünschen der Eltern entsprechen dürfte. Es sei denn, sie haben sichmit der Schenkung für diesen und andere Fälle schriftlich ein Rückforderungsrecht eingeräumt. Das wäre etwa auch möglich für den Fall, dass das Kind Insolvenz anmelden muss, alkoholabhängig wird oder aber die Ehe des Nachwuchses in die Brüche geht. "Wer Ärgervermeiden möchte, sollte einen Schenkungsvertrag mit Rückforderungsoptionen aufsetzen", sagt Uricher. Das hat zudem den Vorteil, dass keine Schenkungsteuer anfällt, sollten Schwiegersohnoder -tochter das Geld wieder zurücküberweisen.

Aber auch wenn keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, haben Eltern mitunter dieMöglichkeit, das geschenkte Geld von den Schwiegerkindern zurückzufordern. Nämlich dann,wenn die Ehe des Kindes scheitert. Dann können sich Eltern auf den "Wegfall derGeschäftsgrundlage" berufen (Paragraph 313 Abs. 1 BGB). Das ist in der Regel der Fall, wenn dieEhe oder Partnerschaft des Kindes von eher kurzer Dauer war. Zudem sollte etwa bei den Eltern
die Vorstellung bestanden haben, dass die Lebensgemeinschaft mit dem von ihnen beschenktenSchwiegerkind lange hält und das eigene Kind so auf Dauer von der Zuwendung profitiert. Vondieser Vorstellung muss allerdings auch das Schwiegerkind gewusst haben. "Hierbei entstehenjedoch schwierige Fragen der Auslegung und Nachweisbarkeit der Vorstellungen des Schenkers",sagt Fachanwalt Littig.

Dass die Geschäftsgrundlage einer Schenkung im Fall einer Trennung oder Scheidung entfallenund das geschenkte Geld zurückverlangt werden kann, hat der Bundesgerichtshof seit 2010 ineiner Reihe von Urteilen präzisiert. Jüngst haben die Richter des Bundesgerichtshofs dieseMöglichkeit auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften grundsätzlich bestätigt. In demverhandelten Fall hatte die Tochter die Immobilie, die sie mit ihrem Lebensgefährten erworbenhatte, vier Jahre lang bewohnt, bevor sich das Paar trennte. Die Mutter verlangte daraufhin vomehemaligen Lebensgefährten den geschenkten Geldbetrag zurück. Die Richter stimmten dem zu.Allerdings konnte die Mutter nicht die komplette Summe zurückfordern. Diese wurde um dieDauer des Zusammenlebens gekürzt (BGH XZR 107/16). "Je länger die Ehe hält, desto schwierigeroder gar unmöglich wird es, die Schenkung zurückzufordern", sagt Uricher.

Ansprüche verjähren

Allzu viel Zeit sollten sich die Schwiegereltern mit ihrem Rückforderungsanspruch nicht lassen."Der Anspruch verjährt bei Geldforderungen nach drei Jahren, wobei der Fristbeginn immer erstam Ende des Kalenderjahres ist", sagt Erbrecht-Spezialist Feick. Sollte also im laufenden Jahr einRückforderungsanspruch entstehen, beginnt die Verjährungsfrist am 31. Dezember 2020 undendet am 31. Dezember 2023. Bei Grundstücken beträgt die Frist zehn Jahre.

Ohne Regelung droht auch Streit, wenn die Eltern mehrere Kinder haben. Liegt keinenachweisbare Regelung vor, die gegenüber dem Schwiegerkind erfolgt ist, so ist diese Zuwendung- wenn die Eltern sterben und die Kinder erben - nicht ausgleichungspflichtig. Wer also ein Kindnicht bevorzugen möchte, sollte vereinbaren, dass die Schenkung an den Ehepartner dieses Kindesals Forderung des Nachlasses bestehen bleibt. "Diese Regelung sollte unbedingt schriftlichfestgehalten und von den Beteiligten unterschrieben werden", sagt Uricher. Andernfalls sei dieVereinbarung unwirksam.

Zudem sollten Eltern auch immer angeben, von welchem Elternteil das Geld stammt.Rechtsanwalt Feick gibt dazu ein Beispiel: Die Eltern haben ihrem einzigen Sohn je zur Hälfte 400000 Euro geschenkt. Der Vater stirbt und setzt seine Frau als Alleinerbin ein. Sein Vermögen liegtbei 800 000 Euro. Der Pflichtteil des Sohnes beträgt in diesem Fall ein Viertel. Somit kann derSohn von seiner Mutter 200 000 Euro verlangen. Liegt keine schriftliche Regelung vor, kann dieMutter im Zweifel nicht nachweisen, dass der Sohn die 200 000 Euro, die er von seinem Vaterbereits erhalten hat, auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen muss. Dies wäre nur dann möglich,wenn der Vater bei der Schenkung nachweisbar ausdrücklich mit dem Sohn vereinbart hat, dassder Betrag auf den Pflichtteil angerechnet wird. "In jedem Fall ist eine vertragliche Regelung zuempfehlen, da unabhängig von der Frage der Rückforderungsmöglichkeit eine Vereinbarung über
die Anrechnung auf Erbteil oder den Pflichtteil zu empfehlen ist", sagt Littig.

Alternativ kann das Geld auch als Darlehen an das Kind gegeben werden. Dies empfiehlt sich etwa,wenn nicht genug Geld vorhanden ist, um allen Kindern die gleich hohe Summe zukommen zulassen. Aber auch hier bietet es sich an, die Konditionen schriftlich festzuhalten. "Sonst kann es beiVorhandensein von mehreren Kindern später einmal Streit darüber geben, ob die Zuwendung derEltern ein Darlehen oder vielleicht doch eine Schenkung war", sagt Feick. Oder aber dieSchwiegereltern müssen gegenüber den Schwiegerkindern beweisen, dass es sich bei derÜberweisung um ein Darlehen und nicht um eine Schenkung gehandelt hat.

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